Cybergirl oder Reallife-Freundin?

Nicht nur Filme wie Matrix und Künstliche Intelligenz machen uns klar, dass sich seit der angebrochenen Ära des Internets einige wesentliche Dinge in unser aller Leben verändert haben. Der Gang zur Bank wird durch Onlinebanking erledigt, das Reisebüro wird durch die Möglichkeit der Online-Buchung immer hinfälliger.

Wo bleibt da noch die Zeit für eine echte Freundin, die man nicht bequem von zuhause aus und am Computer steuern kann? Nun, soweit ist es mit Sicherheit noch nicht gekommen, doch was geschieht, wenn die Zukunftsvisionen bekannter Hollywoodstreifen doch einmal Wirklichkeit werden sollten? Da fragt man sich doch, welche Vor- und Nachteile eine solche Online- oder Computeraffaire
zu bieten hätte in einer Zeit, in der man keine Minute zu viel vergeuden darf. Gehen wir dieser Frage doch gemeinsam auf den Grund.

Zuerst sollten wir uns überlegen, auf welche Faktoren wir in naher Zukunft Einfluss nehmen könnten, und welche Bedeutung Sie für uns haben. Die „perfekte Freundin“ würde erstens ein ebenso perfektes Äußeres besitzen, das ganz nach unseren persönlichen Vorlieben und Schönheitsidealen gestaltet ist. Das heißt, wir hätten auch den Einfluss auf Größe, Gewicht und Körperstatur, die sich dank der modernen Technologie auch durch noch so viel „Cyber-Food“ nicht verändern würde.


Macken haben bei der Charaktergebung unseres Cybergirls keine Chance. Sie allein könnten bestimmen, wie gehorsam und fügig Ihre Freundin ist, und ob sie sich lieb, frech, freundlich oder verwegen präsentieren soll. Ohne Anlass entstehen auch keine Streits, was das Ende aller Ehe- und Beziehungskrisen bedeuten würde. Was auch immer das Diskussionsthema ist, Sie wären der Gewinner bei der Argumentation und müssten nicht gegen Starrköpfigkeit, Zickenterror und Heulattacken ankämpfen. Und sollte es trotz aller positiven charakteristischen Merkmale zu Konflikten kommen, können Sie Ihre interaktive Freundin ja immer noch umprogrammieren und im Zweifelsfalle sogar ausschalten oder löschen.


Mit all diesen Argumenten haben wir nun die meisten unserer Sinne befriedigt. Vielleicht können wir dem künstlichen Wesen sogar eine uns angenehme Stimme verpassen und mit unserem Lieblingsduft ausstatten. Doch war das wirklich schon alles, was wir zum Leben in einer Beziehung brauchen? Fehlten da nicht ein paar wesentliche Merkmale, welche die Frauen so faszinierend uns unwiderstehlich machen?


Was bringt es uns, wenn wir die perfekte Frau an unserer Seite oder auf unserem Computer haben und genau wissen, wie uneinzigartig sie ist. Jedermann könnte sich exakt die gleiche Frau nach“bauen“, denn auf Anzüge im Kaufhaus gibt es ja schließlich auch kein Copyright. Wer weiß überhaupt, ob wir die richtige Vorstellung von unseren eigenen Idealen haben – vielleicht gibt es gar noch einen schöneren Duft für diese Cyberfrau, ein Duft, der Charakter und Aussehen perfekt miteinander vereinen kann.


Sicher, schöner und perfekter kann eine Frau nicht aussehen, wenn man sie selbst gestalten kann. Die reine Haut, die samtigen Hände und vollen Lippen – ein Traum kann endlich wahr werden. Doch vielleicht gefällt dem ein oder anderen ja sogar ein kleines Schönheitsmakel oder eine charakterliche Macke; wer würde so etwas schon freiwillig zugeben?

Vielleicht hat man ja in ein paar Jahren die Möglichkeit, seine Eigenkreation hautnah zu erleben und zu berühren. Zu schade nur, dass mit der Zeit dann solch unwesentliche, versehentliche Berührungen im Café oder an der Bar ganz aussterben werden. Wozu auch solch Kleinigkeiten fronen, wenn man doch gleich alles haben auf einmal haben kann.
Da gab es noch eine kleine Nichtigkeit der Natur, von der man sagt, dass sie einigen doch sehr wichtig zu sein scheint: sie schimpft sich die Liebe. Ist es nicht Liebe, die uns Menschen zusammen- und auseinandertreibt? Würde ein Wesen aus dem Cyberspace jemals fähig sein uns wirklich zu lieben statt nur dank eines Programmes unterlegen und gehorsam zu sein? Mit Sicherheit nicht.

Letztlich ist es sicherlich sinnvoll, sich einen Menschen zu erschaffen, der einem stets Gesellschaft leistet und treu ergeben ist wie ein Diener. Doch ist hierin der eigentliche Sinn der Natur verlorengegangen, denn war es nicht die Zeugung neuer Menschen, die uns zur Liebe und Partnerschaft getrieben?

Sei dem nun, wie ihm ist, so bleibt es doc vorerst nur eine Vision der Zukunft, über die wir schon heute uns unsere Gedanken machen sollten. Eine ungeklärte Frage bleibt somit offen: Sind und waren wir Menschen überhaupt ursprünglich dazu angedacht, Gott zu spielen?


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