Liebesgedichte aus dem Orient IV

Die Schönheit der Mädchen

Wohl gibt es Mädchen mit so schönem Haar,
Daß selbst der Glanz der Perlen, die sie in
Den Ohren tragen, matt dagegen scheint.

Aus ihren seidnen Roben steigt ein Duft,
Der selig macht, und wenn sie singend schreiten,
Klirrt Jadeschmuck um ihre Schönheit her.

Der holde Lenz ersteht auf ihren Spuren;
Wenn sie sich zwischen Blumenbeeten zeigen,
Verlieren alle Blüten ihren Glanz.

Wenn sie am Flusse wandeln, und sie kommen
Vorüber an den Weiden, so verschwindet
Der Weidenzweige Schlankheit in ein Nichts.



Der Wind, der ihnen sanft entgegenweht,
Rührt schmeichelnd an ihr Haar und ihre Wangen:
Auch er ist krank vor Liebe und verwirrt.

Unbekannter Dichter

Ihr Nacken

Das schwarze Haar meiner Geliebten löst

Sich auf und rollt ihr nieder auf den Nacken.

Wer immer ihren weißen Nacken sähe

(Mag Gott verhindern, daß ihn jemand sieht!), -

Er würde glauben, daß das Licht des Himmels

Versammelt sich auf seiner Schönheit habe.

Kemal Bey (19. Jh)

Schmuck

Man bilde sich nicht ein, daß auf dem Busen
Meiner Geliebten sich zwei Knospen finden,
Wie auf den Busen andrer Frauen. Nein!

Die Hand des Mächtigen, der da Wunder tut,
Brach in zwei Stücke einst den Mond entzwei
Und schmückte meiner Liebsten Brust damit!

Kemal Bey (19. Jh)

Liebeshymne

Der Schimmer, der von deinem Mund ausgeht,
Ist wie ein Frühlingswunder. Eh der Wind
Der Dämmrung anhebt, lugt er nach dir aus,

Zu wissen, wie dir's geht. Durch deine Schönheit
Verwandelt sich das Wesen der Natur:
Das Angesicht, in das der Schmerz sich grub,

Beginnt zu lächeln, wenn du es betrachtest
Wo du erscheinst, das glänzt die Finsternis
Der Nächte wie ein Morgenrot empor.

Das aufgeregte Wesen der Verliebten
Beruhigt sich, sobald du ihnen nahst, -
Sie beugen sich vor deiner Himmelsschönheit.

Du darfst dich messen mit der Kunst der Dichtung;
Du bildest keine Verse, - aber dennoch
Bist du so dichterisch wie sonst nichts mehr.

Du bist uns ein Beweis dafür, daß Liebe
So rein ist wie die Seele in den Blumen;
Wenn du dahingehst in der Keuschheit Glanz,

So neigen sich die Stirnen tief vor dir,
Wie vor der Himmelsgöttin. Strahlende,
Du bist so schön, daß man behaupten möchte,

Aus lauter Seele sei dein Leib gemacht.
Der Regen weicht, die Wolken schwinden hin,
Die Frühlingssonne schüttet ihren Glanz

Auf alle blühenden Horizonte aus,
Und in den Blumen wird ein Lächeln wach, -
Und dieses Lächeln: das bist du, Geliebte!

Tewfik Fikret Bey (19. Jh)

Berauscht

Nimm deinen Spiegel, wenn du Allah liebst,
Und staune an die Schönheit deiner Brüste,
Daran die Tupfen wie zwei Rosen blühn.

Erblick ich sie, so ist mein Aug geblendet,
Sie sind so weiß, daß ich sie nicht vom Schnee,
Vom Weißen nicht im Eis sie unterscheide.

Ich bin berauscht, so daß dein Spiegel mir
Und Kinn zusammenfließen. O ihr Brüste,
Daran die Tupfen wie zwei Rosen blühn!

Den Gluten deines Auges widersteht
Kein menschliches Herz. Ich bin verrückt nach dir!
Die Küsse einer Nacht, die wir getauscht,

Stillt den Durst mir nicht. Nimm deinen Spiegel, -
Urteile, ob ein Mensch, der Sehnsucht hat,
Ermüden kann, dein Angesicht zu schauen.

Die Küsse einer Nacht, die wir getauscht,
Stillten den Durst mir nicht. Preis deinen Brüsten,
Daran die Tupfen wie zwei Rosen blühn!

Mahmud Dschellaledin Pascha (19. Jh)

Die Räuberin

Du bist die seidne Schlinge, darin mich
Das Schicksal fing; woher denn kamest du?
Gleich strahlend hellen Lampen in der Nacht
Erglänzen deine Augen, deine Brauen
Sind wie die Goldfassung der Diamanten,
Und deines Mundes Herrlichkeit verwirrt mich,
Denn weißen Perlen, funkelnden Rubinen
Sind deine Zähne, deine Lippen gleich.
Der Anblick deiner Schönheit raubte mir
Den Atem und die Seele, - darf ich hoffen,
Erhabne, hoffnungslos Geliebte, daß du
Mir die geraubten Güter wiederschenkst?

Nahabed Kutschak (gest. 1592)

Magische Schönheit

Das Glänzen deines Auges entstammt dem Meer,
Das Dunkel deiner Augenbrauen stammt
Aus einer nächtigen Gewitterwolke,
Und zauberische Rosenblütenblätter
Verklären deiner Wangen weiches Rund.
Wo du erscheinst, ist es nicht nötig, Kerzen
In Brand zu setzen, magisch geht ein Leuchten
Von deiner Brust aus; triffst du an die Bahre
Eines Verstorbnen, so erhebt er sich
Und blickt mit Dankenlächeln zu dir auf.

Nahabed Kutschak (gest. 1592)

Königin der Schönheit

Die Sonne, welche diese Welt erleuchtet,
Ist deine Sklavin. Deine weißen Brüste
Sind zart als seien sie aus Milch gemacht.
Muskat hat seinen edeln Wohlgeruch
Vom Dufte deiner feinen Haut geliehen.
Du hast in einem Innern einen Garten
Süßer Orangenfrüchte. Daher schimmert
Die Stimme deines Munds so süß und rein.

Nahabed Kutschak (gest. 1592)

Königin der Schönheit

Die Sonne, welche diese Welt erleuchtet,
Ist deine Sklavin. Deine weißen Brüste
Sind zart als seien sie aus Milch gemacht.
Muskat hat seinen edeln Wohlgeruch
Vom Dufte deiner feinen Haut geliehen.
Du hast in einem Innern einen Garten
Süßer Orangenfrüchte. Daher schimmert
Die Stimme deines Munds so süß und rein.

Nahabed Kutschak (gest. 1592)

Gleichnisse

Wenn meine Liebste aus dem Haus des Vaters
Hervortritt, muß ich an ein Meerschiff denken,
Das rauschend aus dem Hafen treibt in See.
Sie wallt in grünem schimmerndem Gewande,
Mit zartem Schleier ist ihr Haupt bedeckt,
Ihr Atem gleicht der köstlichen Essenz,
Die man aus Ambra macht. Ihr süßes Antlitz
Ist ähnlich jener golddurchwirkten Seide,
Die aus dem Land der Franken zu uns kommt.

Nahabed Kutschak (gest. 1592)



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